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Normal - Drachen

Entwicklung und Konstruktion


Der Lindenberger N - oder Normal - Drachen ist das Ergebnis einer langen Testreihe, die schon am Aeronautischen Observatorium in Berlin- Tegel begonnen wurde. Die Wissenschaftler kannten die amerikanischen Drachen, die für meteorologische Messaufstiege eingesetzt wurden, und hatten aus diesen Fluggeräten schließlich einen Drachen weiterentwickelt, der zwar vom ersten Direktor des Lindenberger Aeronautischen Observatoriums, Richard Assman, als "Hargrave - Drachen" bezeichnet wurde, der aber nur wenig Ähnlichkeit mit diesem hatte.

Abbildung: Fotos aus der Drachenwerkstatt -


Die Konstruktion des N - Drachen wies rechtwinklig kreuzende Stäbe auf, auch die Zellenkanten wurden durch Leisten verstärkt. Die Verbindungen zwischen den Stäben wurden durch Metallbeschläge hergestellt (insgesamt 64 Stück in fünf unterschiedlichen Formen!). Zusätzlich spannte man im Gestell zahlreiche Drähte, die für die nötige Versteifung der Konstruktion sorgten. Der Normal - Drachen ist in drei Größen gebaut worden: mit 4, 6 oder 7 qm tragenden Flächen aus dünnem Baumwollstoff. Bei Sturm wurde eine verstärkte Version eingesetzt.


Der N - Drachen konnte zerlegt werden. Nach lösen von Keilen in den Beschlägen konnten die Längsstäbe aus dem Gestell gezogen werden. Die beiden Zellen legte man dann mit den Querstäben und den Spanndrähten zu flachen Paketen zusammen, die vergleichsweise gut zu transportieren und Platz sparend zu lagern waren.

Einzelteile zum Bau des N-Drachen. Holme, Verbindungselemente aus Alu-Blech und ein Holzkeil mit dem die Längsstäbe am vorderen Teil der vier Rahmen fixiert wurden.

Probleme beim praktischen Einsatz


So einfach der N - Drachen aussieht und so leicht die ganze Konstruktion mit den dünnen Leisten zu transportieren war: Im Alltag des Observatoriumbetriebs war er ein Gerät, das dem Drachentischler und den Näherinnen viel Arbeit machte. Bruchlandungen und Abstürze waren an der Tagesordnung. Bei den fälligen Reparaturen mussten die an den Rahmen genähten Segel gelöst und die Spanndrähte entfernt werden, ehe neuer Stoff, neue Segel, neue Drähte eingesetzt und miteinander verbunden werden konten.

Bei stärkerem Wind neigte der N - Drachen zu "Kopfsprüngen", er geriet ins Gieren und war nur schwer wieder in eine ruhige und sichere Fluglage zu bringen. Dies musste verhindert werden, weil damit das wertvolle, mit den Drachen verbundene meteorologische Messgerät gefährdet war.

Deshalb wurde am Lindenberger Observatorium nach einer besseren Lösung gesucht, nach einem Drachen, der zuverlässiger flog und vor allem weniger Aufwand bei Neubau und Reparaturen erforderte.



Das Bild zeigt einen Versuch mit einem modifizierten Drachen nach der Art des Blue Hill - Drachen, Vorgänger des späteren N - Drachen. Erkennbar an dem verlängerten Mittelholm der über die Vorderzelle hinausragt . An dessen oberen Ende wurde der elastische Zweig der Waage angebracht. Die Hinterzelle ist als normale Kastenform ausgelegt, während die vordere Zelle eine Beplankung aus dünnem "Blech" erhielt. Deutlich ist auch die gebogene Form der Holme der Vorderzelle zu erkennen. Dieses Detail sollte den Auftrieb während des Fluges erhöhen. Ob diese Konstruktion erfolgreich war ist nicht bekannt.
Rechts neben dem "Blechdrachen" ist schemenhaft ein zweiflügeliger Lamson - Drachen zu erkennen.



Im Jahr 1910 war es soweit: Der Drachentischler des Observatoriums, Hermann Schreck, hatte den Nachfolger für den N - Drachen entwickelt und war dabei vielleicht von einem französischen Patent inspiriert worden. Für die Drachenaufstiege wurde von nun an der sogenannte Schirm - Drachen eingesetzt.


Text: Walter Diem
Bearbeitung: Werner Schmidt/Claudia Hammer-Schmidt